Macht Urlaub depressiv?

Ein erhöhtes Schlafbedürfnis, Gefühle von Überforderung und gedrückte oder gereizte Stimmung können ebenso wie Kopfschmerzen, Bauchbeschwerden und Rückenprobleme erste Anzeichen einer depressiven Entwicklung sein. 

 

Bei vielen Menschen rufen solche Veränderungen den Wunsch nach einer Auszeit und ausgiebiger Erholung hervor. Sicherlich ist der Titel dieses Artikels überzogen provokant formuliert - nicht zuletzt, um Ihre geschätzte Aufmerksamkeit auf das wichtige Thema Depression zu lenken. Allerdings können sich erste Symptome einer Depression im Urlaub tatsächlich verschlimmern. Dem ausgeprägten Bedürfnis nach Ruhe und Schlaf nachzugeben, kann zu einer Verstärkung des Wunsches nach Schlaf und Rückzug, der gedrückten Stimmung und auch eventuell vorhandener körperlicher Symptome führen, die in der Ferne zudem nicht durch gewohnte Strukturen und soziale Netzwerke aufgefangen werden kann. Aktuell warnt auch Experte Professor Hegerl von der Deutschen Depressionshilfe in der Presse vor der Suche nach Abhilfe gegen depressive Symptome durch die "Flucht in den Urlaub".

 

Ein ähnlich paradoxes Phänomen besteht darin, dass depressive Symptome sich im Frühjahr und Sommer verschlechtern können. Dies hat zum einen damit zu tun, dass lange Monate mit reduzierter Tageslichtexposition vorausgegangen sind. Zum anderen spielt ein gewisser Druck eine Rolle, der entsteht, wenn Sonne und Himmel um die Wette strahlen und das gesamte Umfeld darüber äußerst begeistert zu sein scheint. Die Diskrepanz zwischen den äußerlich so positiven Begebenheiten und dem eigenen von Niedergeschlagenheit und negativen Gedanken geprägten inneren Erleben, ist sehr groß. Die eigene depressive Stimmung wird dem Betroffenen bewusster und für Außenstehende weniger nachvollziehbar als die gleichen Beschwerden bei kalter, düsterer Witterung. Passend zu diesem Paradoxon ist nachgewiesen, dass die höchste Anzahl von Suiziden und Suizidversuchen im Frühling und im beginnendem Sommer zu beklagen ist. 

 

Anzeichen einer Depression rufen verständlicherweise den Wunsch nach einer Auszeit und nach Erholung hervor. Urlaub und Umgebungswechsel sind bei klinisch relevanten Symptomen jedoch keine adäquate Hilfe. Das Wissen um die möglicherweise paradoxe Wirkung eines Urlaubs kann davor bewahren, allzu enttäuscht oder schockiert über die langfristig ausbleibende Besserung zu sein und den Fehler gar bei sich selbst zu suchen.

 

Wenn Sie unter Veränderungen der Stimmung, des Schlafes oder des Appetits, Müdigkeit, Gefühlen von Überforderung, Hoffnungslosigkeit oder reduziertem Selbstwertgefühl, Konzentrationsstörungen oder ungeklärten körperlichen Beschwerden leiden, nehmen Sie gerne zum Zweck einer Beratung unverbindlich Kontakt zu mir auf. Näheres zum Thema Depression auch im Infobereich.

 

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Kommentare: 8
  • #1

    tina (Mittwoch, 14 August 2013 20:11)

    Hallo,
    Nehme seit 4 Jahre Cymbalta. Zwei Jahre lang 60 mg, dann 30 mg. Hat ganz gut geklappt, hatte allerdings beim Reduzieren starke Rücken- und Nervenschmerzen. Der Psyche ging es soweit ganz gut. Habe dann irgendwann doch gemerkt, dass es nicht reicht und 27 Kügelchen zusätzlich genommen. Jetzt sind wir im Urlaub und ich freue mich immer total darauf und kurz vorher geht es mir immer schlecht. Habe jetzt plus 40 kugeln genommen und es geht einigermaßen. Ich habe Angst, dass ich nie ein normales Leben führen kann. Gesprächstverapien habe ich auch schon drei Hunde mir. Habe einen lieben Mann, guten Job und Freunde. Was ist los?

  • #2

    psyberlin (Montag, 19 August 2013 10:56)

    Hallo Tina,

    es sind sehr viele Ursachen und Einflussfaktoren denkbar, die hinter Ihren Beschwerden und Beeinträchtigungen stecken können.
    Aus der Ferne und ohne gründliche Anamnese ist eine diagnostische Einschätzung leider nicht möglich. Zwar biete ich auch Online-Beratung an, allerdings nicht zu diagnotischen Zwecken. Hier ist ein persönliches Gespräch indiziert. Ich möchte Ihnen daher empfehlen, sich an Ihrem Wohnort doch noch einmal persönlich und ausführlich mit einem Facharzt für Psychiatrie und einem Psychotherapeuten zu besprechen, um dem Problem auf den Grund zu gehen und eine nachhaltige Besserung Ihrer Situation zu erreichen. Zwar haben Sie bereits Therapieversuche hinter sich, aber oft lohnt sich ein neuer Schritt mit einem ganz konkreten Anliegen - gerade die vorherige Therapieerfahrung kann hier hilfreich sein!
    Der Psychotherapieinformationsdienst berät deutschlandweit und gibt Auskunft über die passende Therapieform und hilft bei der Therapieplatzsuche: http://www.psychotherapiesuche.de.

    Ich wünsche Ihnen alles Gute!

    Beste Grüße, Julia Paruch

  • #3

    kristina (Freitag, 18 Juli 2014 22:20)

    Hallo ich fliege am Donnerstag in urlaub aber Arzt sagt ich habe Depression mein Arzt meint ich soll ein Urlaub machen bei innen steit liber nicht

  • #4

    psyberlin (Dienstag, 22 Juli 2014 07:46)

    Guten Morgen Kristina, vielen Dank für Ihr Kommentar. Regelmäßiger Urlaub an sich ist sicher grundsätzlich ratsam. Als Mittel gegen eine depressive Erkrankung kommt er jedoch nicht in Frage, ein Urlaub löst das Problem nicht nachhaltig. Das ist manchmal ein Trugschluss.
    Wenn Sie in ärztlicher und oder psychotherapeutischer Behandlung sind, wäre es meines Erachtens ratsam, Ihre Urlaubspläne mit dem Behandler abzusprechen, um zu entscheiden, wann und vor allem wie Sie diese am besten in die Tat umsetzen (Ziel, Begleitung, Reisemedikation, ggf. Kontakt zum Behandler und Möglichkeiten der Unterstützung vor Ort etc.).
    Alles Gute für Sie und beste Grüße, Julia Arnhold (geb. Paruch)

  • #5

    Anna (Samstag, 17 Oktober 2015 23:08)

    Hallo, ich weiß nicht was aufeinmal los ist mit mir. Die letzten Wochen/Monate habe ich gearbeitet und alles war in Ordnung, ich war nur desöfterem Müde. Nun habe ich Urlaub, und ich befinde mich in einer depressiven Stimmung, bin schlecht drauf, leicht reizbar, möchte das Bett am liebsten nicht verlassen. Am liebsten würde ich wieder zur Arbeit gehen, da vorher noch alles in Ordnung und ich ständig beschäftigt war.

  • #6

    psyberlin (Sonntag, 18 Oktober 2015 09:02)

    Guten Morgen Anna,

    aus der Ferne wäre jegliche diagnostische Einschätzung Ihres Zustands unangemessen. Da Sie Ihre Stimmung jedoch als depressiv gedrückt und gereizt beschreiben und sich antriebslos fühlen, möchte ich Ihnen empfehlen, diese Beschwerden einmal Ihrem Hausarzt zu beschreiben. Gemeinsam mit ihm sind dann Überlegungen möglich, woran Ihre veränderte Stimmung liegen könnte und welche Optionen es gibt, Ihnen aus dieser Phase wieder herauszuhelfen. Nicht immer ist gleich eine Behandlung notwendig, aber abgeklärt werden sollte die Beschwerden auf jeden Fall.

    Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute!

    Beste Grüße,

    Julia Arnhold

  • #7

    Sandra (Freitag, 26 Juli 2019 04:23)

    Hallo,
    nach einem 3 monatigen Klinikaufenthalt für Borderlineerkrankung hatte ich die letzten Wochen eine sehr starke,wiederkehrende Depression,mit allem was dazu gehört. Ich habe mich sehr auf den Urlaub gefreut und wollte hier ausgiebig Zeit allein mit meinem Sohn verbringen. Nun bin ich in Italien und es wird alles immer schlimmer statt besser. Ich fühle mich restlos überfordert,kann die Sprache nicht und habe bereits den halben Urlaub storniert (eigentlich sollte die Reise noch weiter gehen). Ich habe großes Heimweh und fühle mich hier extrem einsam. Ich verstehe nicht,warum ich diesen Urlaub nicht einfach genießen kann.
    Ich dachte im Urlaub wird alles besser und ich könne mich erholen, aber es ist das absolute Gegenteil. Ich stehe total unter Anspannung und leide sehr an verschiedensten Ängsten. Außerdem habe ich ein schlechtes Gewissen meinem Sohn gegenüber,weil ich nicht einfach Spaß haben kann. Ich weiß gerade nicht mehr weiter. Der Urlaub soll noch eine Woche gehen. Allerdings habe ich immer mehr den Drang den Urlaub abzubrechen. (möchte dies für meinen Sohn allerdings eher weniger). Mein sozialer Umkreis versteht das alles überhaupt nicht und ist teilweise schon genervt. Ich weiß leider auch nicht warum es mir hier so schlecht geht und wie ich mir von hier aus helfen kann.
    Vielleicht haben Sie einen Rat warum es so ist und was ich nun tun kann.
    Liebe Grüße

  • #8

    Dr. Julia Arnhold für psyberlin (Mittwoch, 07 August 2019 21:51)

    Liebe Sandra,

    da ich gerade selbst in Urlaub gewesen bin, habe ich Ihren Eintrag erst jetzt gelesen und freigeschaltet. Leider kann der Blog, auch außerhalb der Urlaubszeit, keine akuten beziehungsweise persönlichen Anliegen individuell beantworten. Sie haben eine ähnliche Erfahrung gemacht wie im Artikel beschrieben. Im Urlaub können Belastungen unter Umständen schwerwiegender oder verstärkt wahrgenommen und als beeinträchtigend gespürt werden. Was genau in Ihrem persönlichen Fall die Hintergründe sind und was Ihnen während und nach dem Urlaub gut tun und helfen würde, kann und darf ich aus der Ferne nicht klären. Ich empfehle Ihnen, sich bei einem niedergelassenen Kollegen oder einer Kollegin in einer Sprechstunde vorzustellen, um gemeinsam einen etwaigen Bedarf an einer ambulanten psychotherapeutischen Anschlussbehandlung abzuklären.

    Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute!

    Beste Grüße,

    Julia Arnhold