Im Folgenden seien die Charakteristika der einzelnen Persönlichkeitsstörungen zur Vermittlung eines allerersten Überblicks grob  skizziert. Im Hinterkopf zu behalten sind die im übergeordneten Menupunkt näher aufgeführten allgemeinen Kriterien der geringen Anpassungsfähigkeit der Reaktionen und Empfindungen an äußere Umstände, ihrer relativen Dauerhaftigkeit (unabhängig von zum Beispiel Krankheitsphasen) und des durch sie verursachten Leidens. 

  

Personen, deren Persönlichkeit als paranoid bezeichnet wird, neigen in einer Vielzahl unterschiedlichster Situationen dazu, Rückschläge und Zurücksetzung zu empfinden, ihre Umgebung als feindselig und nicht vertrauenswürdig wahrzunehmen, sich durch mögliche Verschwörungen, heimliche Absprachen und Lügen anderer bedroht zu fühlen. Auch freundlich gemeinte Verhaltensweisen anderer Menschen werden oft als feindlich oder geringschätzig empfunden, sodass der Aufbau vertrauensvoller und naher Beziehungen sehr schwierig ist. 

 

Eine schizoide Persönlichkeit ist dadurch gekennzeichnet, dass wenige oder fast gar keine Tätigkeiten wirkliches Vergnügen bereiten, insgesamt wenig intensive Gefühle ausgedrückt werden, das Interesse an Interaktion und Verbindung mit anderen Menschen gering erscheint, der Betreffende vordergründig am liebsten alleine beschäftigt und "sich selbst genug" ist. Einzelgängertum, mehr Interesse am Technischen und Praktischen als an Emotionalem und Zwischenmenschlichem sowie eine relative Gleichgültigkeit gegenüber gesellschaftlichen Normen mögen von außen betrachtet die schizoide Persönlichkeit prägen, was soziale Beziehungen belasten kann. Darüber hinaus entspricht die vordergründige Bevorzugung des Alleinseins nicht immer dem wahren Bedürfnis der betreffenden Person nach Nähe und Kontakt.

 

Bei der dissozialen Persönlichkeit ist besonders auffallend die große Diskrepanz zwischen dem Verhalten der Person und den geltenden sozialen Normen. Betreffende Menschen wirken oftmals herzlos und unbeteiligt gegenüber Gefühlen anderer, missachten soziale Regeln, Normen und Verpflichtungen inklusive geltenden Rechts und neigen dazu, aggressives bis gewalttätiges Verhalten zu zeigen, ohne dass es ihnen im Nachhinein möglich ist, Eigenverantwortung, Schuldgefühle oder Bedauern zu empfinden. Naheliegenderweise geraten Betroffene nicht selten mit dem Gesetz in Konflikt oder haben schwerwiegende Beziehungskonflikte. 

 

Die emotional instabile Persönlichkeit ist geprägt von einer deutlichen Tendenz, impulsiv zu handeln ohne die Konsequenzen in Betracht zu ziehen. Darüber hinaus leiden Betroffene häufig unter einer überdauernd sehr wechselhaften Stimmungslage, Schwierigkeiten bei der Planung von Handlungen und unter Ausbrüchen heftigen Ärgers. Unterschieden werden zwei Subtypen. 

Bei der emotional instabilen Persönlichkeit vom impulsiven Typ stehen Stimmungsinstabilität, mangelnde Impulskontrolle und Ausbrüche bedrohlichen oder gewalttätigen Verhaltens, v.a. ausgelöst durch Kritik, im Vordergrund. 

Bei der emotional instabilen Persönlichkeit vom Borderline-Typ finden sich neben der Stimmungsinstabilität mit äußerst intensiv erlebten Gefühlen ein sehr unklares und schwankendes Selbstbild, eine Wechselhaftigkeit persönlich bedeutsamer Ziele sowie persönlicher Vorlieben, Neigungen und Orientierungen (dazu zählen Interessen und Hobbys, aber auch sexuelle Neigungen), ein überdauerndes Gefühl innerer Leere sowie die deutliche Neigung zu gefühlsmäßig sehr intensiven, aber nur kurz andauernden Beziehungen und Freundschaften. Eine besonders starke Angst im Rahmen von Beziehungen besteht vor dem Verlassenwerden, sodass kleinste Anzeichen in dieser Richtung zu intensiven Bemühungen führen, das Gegenüber zum Bleiben zu bewegen. Dies kann mit Suizidandrohungen und -versuchen sowie selbstverletzendem Verhalten einhergehen, wobei diese Verhaltensweisen bei der Borderline-Störung auch außerhalb von zwischenmenschlichen Konfliktsituationen auftreten können. Andere impulsiv auftretende, potentiell selbstschädigende Verhaltensweisen können sein: übermäßiges Geldausgeben, sexuell riskantes Verhalten wie z.B. ungeschützter Geschlechtsverkehr, Missbrauch psychoaktiver Substanzen, riskantes Autofahren oder unkontrollierte Essanfälle. Bei starker emotionaler Belastung kann es zu vorübergehenden Zuständen von Dissoziation, also einer Unterbrechung der normalen Bewusstseinslage und über die fünf Sinne bestehenden Verbindung zur Umwelt, oder zu paranoiden Zuständen mit Verfolgungsängsten kommen. 

 

Die histrionische Persönlichkeit neigt dazu, eigene Gedanken und Gefühle sehr deutlich nach außen zu tragen, ja geradezu zu „inszenieren“. Die eigene körperliche Attraktivität ist oftmals von großer Bedeutung und wird ebenfalls gerne "in Szene gesetzt". Für betreffende Personen ist es eher unangenehm, in den Hintergrund des Geschehens rücken zu müssen oder gar Ablehnung zu erfahren. Auf Außenstehende wirken Menschen mit histrionischen Zügen oft sehr einnehmend und beeindruckend, wobei das Eingehen enger Verbindungen erschwert sein kann durch das große Bedürfnis nach Abwechslung, Anerkennung und Aufmerksamkeit sowie die Neigung zu eher instabilen Haltungen und Gefühlslagen. 

 

Die anankastische oder zwanghafte Persönlichkeit ist geprägt durch ein hohes Ausmaß an Zweifel und Vorsicht in allen Lebenslagen. Betreffende Personen sind sehr intensiv damit beschäftigt, Abläufe zu planen, zu regeln, zu ordnen und zu organisieren, was mit einem solch hohen Maß an Perfektionismus geschieht, dass die eigentliche Fertigstellung von Aufgaben zuweilen gefährdet sein kann. Das hohe Ausmaß an Gewissenhaftigkeit, Tugendhaftigkeit und Leistungsorientierung wird von Außenstehenden nicht selten hoch geschätzt, kann die betreffende Person jedoch massiv daran hindern, ihrem Vergnügen sowie dem Genießen zwischenmenschlicher Beziehungen nachzugehen. Neben Schwierigkeiten, die sich hieraus in privaten Beziehungen und hinsichtlich dem Erleben von Stress und damit verbundenen seelischen und körperlichen Beschwerden ergeben, kann es im beruflichen Kontext aufgrund des zum Teil hinderlich werdenden Perfektionismus und der Schwierigkeit damit, Aufgaben an andere abzugeben, zu Problemen kommen. 

 

Die ängstliche oder vermeidende Persönlichkeit ist gekennzeichnet durch überdauernde Gefühle von Anspannung und Besorgnis. Zum einen kann die Überzeugung bestehen, man selbst sei sozial unbeholfen, unattraktiv und im Vergleich zu anderen Menschen minderwertig, sodass große Angst davor besteht, von anderen abgelehnt oder kritisiert zu werden. Zum anderen besteht die Besorgnis, körperlicher Gefahr ausgesetzt sein zu können. Diese Ängste können zu einem deutlich eingeschränkten Lebensstil führen, der das Entwickeln und Eingehen von zwischenmenschlichen Beziehungen ebenso verhindert wie bereichernde Freizeiterlebnisse. 

 

Bei der abhängigen Persönlichkeit steht die Neigung im Vordergrund, sich an der Haltung, Meinung und an den Bedürfnissen anderer zu orientieren, ja diese gar gänzlich den eigenen Bestrebungen überzuordnen. Dem zugrunde liegt die tief verwurzelte Annahme, alleine nicht für sich sorgen und dem Leben gewachsen sein zu können. Häufig bestehen massive Ängste, eine enge Bezugsperson, zum Beispiel den Lebenspartner zu verlieren, auch wenn hierfür kein objektiver Anhalt besteht, was nicht selten zu Beziehungskonflikten führt. 

 

Bei der narzisstischen Persönlichkeit ergeben sich leidvolle Empfindungen daraus, dass das Selbstbewusstsein betreffender Personen nicht nur zwiespältig und schwankend zwischen sehr gering und sehr deutlich ausgeprägt ist, sondern der (unbewusste) Wunsch nach Bestätigung des Selbstwertes von außen übermäßig hoch ist. Von anderen Anerkennung und Bewunderung zu erfahren ist sozusagen lebenswichtig für betreffende Personen. Da dies unter normalen Umständen nicht durchgängig möglich ist, erleiden sie nicht selten Gefühle von Kränkung, Scham oder Demütigung, was mitunter auch starke depressive Symptome zur Folge haben kann. 

 

 

Literaturangaben zu den Informationen 

 

Dilling, H., Mombour,W. & Schmidt, M.D. (Hrsg.) (1991). ICD-10 Kapitel V (F). Klinisch-diagnostische Leitlinien. Bern: Huber.

 

Falkai, P. & Wittchen, H.-U. (Hrsg.) (2015). Diagnostische Kriterien DSM-5. Göttingen: Hogrefe.